Die Weise Frau und der November

Die meisten Menschen würden vermuten, dass eine weise Frau zu Samhain vielleicht Tränke braut oder die Ahnen befragt. Ich weiß nicht was andere Weise Frauen machen, aber ich falle immer etwas aus dem Rahmen und bereite mich an “Halloween” immer auf Mitternacht vor. Nein, nicht wegen der Geisterstunde, sondern um in die Tasten zu hauen. Ich bin Autorin und jedes Jahr versammeln sich weltweit hunderttausende von Menschen um innerhalb eines Monats 50.000 Worte zu Papier zu bringen. Was dem Rohentwurf eines Romans entspricht. Und genau das ist die Herausforderung beim NaNoWriMo, dem National Novel Writer Month, also dem Monat der Romanautoren, der schon lange sehr international ist.

Nicht jeder schafft das Ziel der 50.000 Worte, aber darum geht es auch gar nicht wirklich. Sich gezielt dem kreativen Fluß hinzugeben ist zum Beispiel mein Ziel. Das erste Mal teilgenommen habe ich 2012, damals hatte ich mich mit der Veröffentlichung meines ersten Buches zu meinem Dasein als Schriftstellerin öffentlich bekannt und festgestellt, dass ich den November nicht mochte, weil er so grau und trüb war. An meiner damaligen Wohnort, dem sonst sehr sonnig-schönen Freiburg, war er zudem auch noch neblig. So neblig-trüb dass ich eine depressive Stimmungslage ganz klar und deutlich auf mich zuwabbern sah. Und was macht eine Weise Frau dann? Sie wendet den Blick vom Problem und sucht nach Lösungen. Und der NaNoWriMo, kurz “NaNo” genannt, war eine ganz herrliche Lösung. Das Wetter interessierte mich plötzlich nicht mehr die Bohne. Ich bestellte Pizza und kochte Kaffee und Tee und verlies meine Wohnung nur um in einem Café weiterzuschreiben. Das sparte mir die Arbeit mich ums Kaffeekochen selbst kümmern zu müssen. Außerdem hatten Cafés vor Corona genau die richtige Atmosphäre um anregend und inspirierend zu wirken, jedoch dennoch bei sich selbst (und der eigenen Geschichte) zu bleiben.

Und ich fand im Forum des NaNos andere Teilnehmer, mit denen ich mich ebenfalls im Café traf. Wir tauschten uns beim 1. Treffen z. B. darüber aus, wen wir bisher bereits ermordet hatten. Eine Teilnehmerin hatte bereits ganze Ortschaften in ihrer Fantasy-Erzählung ausgelöscht, aber meine Antwort es seien erst zwei Menschen und ein Welpe gewesen, löste dennoch Entsetzen aus. Welpen ermordete man nicht, nicht einmal in einem Buch. Ich erzählte damals nicht, dass es sich nicht um Fiktion sondern um ein autobiographisches Ereignis gehandelt hatte und dass der Welpenmörder gar nicht ich, sondern der Schrecken meiner Kindheit gewesen war. Zu persönlich muss man beim ersten Nano-Treffen ja nicht werden. Aber das ist ein anderer Aspekt des NaNos: Schreiben kann therapeutisch-heilende Kraft haben.

Die Geschichte des damaligen NaNo´s wurde nie überarbeitet und veröffentlicht, sie war zu persönlich denke ich. Auch keine andere NaNo-Geschichte wurde bisher veröffentlicht. Aber nachdem der November 2012 vorbei war, traf ich mich weiterhin mit ein paar Autoren und einige dieser Treffen wurden aufgenommen und als Podcast veröffentlicht. Manchmal kommt etwas ganz anderes dabei heraus, als das was man erwartet und angestrebt hat zu Beginn. Und das ist gut so. Weil einen Podcast aufzunehmen hätte ich mich damals alleine nie getraut. Seitdem bin ich aber viele Male vors Mikro getreten, allerdings zumeist in englischer Sprache, weil das meinem internationalen Bekanntenkreis entsprach.

Bücher habe ich in der Zwischenzeit auch veröffentlicht, das letzte 2020 in englischer Sprache. Ich habe bisher leider noch keine Zeit gefunden es auf deutsch zu übersetzen und zu überarbeiten, denn so viel ist im letzten Jahr geschehen.

Deswegen hatte ich dieses Jahr gar nicht damit gerechnet am NaNo teilzunehmen, schließlich habe ich gar keine Zeit. Aber dann hat der weisere Teil von mir, wie 9 Jahre zuvor bereits, die Führung übernommen und mir mitgeteilt, dass ich genau deswegen am NaNo teilnehmen müsse. Aus Gründen des Gleichgewichts. Also habe ich sehr kurzfristig am Morgen des 31.10. beschlossen erneut den November mit warmen Getränken und Kreativität zu füllen. Der Arbeitstitel meines Manuskripts? “Die Weise Frau”. Und vielleicht wird das sogar einmal fertig und veröffentlicht…aber wer weiß das schon?!

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